Einschließgefahr und Fluchtmöglichkeiten bei umzäunten Maschinen und Anlagen

 

Durch Schutzzäune in Maschinenanlagen will man in der Regel das Personal daran hindern einen Gefahrenbereich zu betreten. Betrachtet man den Zaun jedoch von der anderen Seite aus, wird er zum „Käfig“, der Gefährdungen zurückhält. Ein solcher Käfig kann sich als quasi „hermetisch“ erweisen, wenn die Zugangstüren mit Zuhaltungen versehen sind. In diesem Fall können Personen im Käfig zusammen mit der Gefährdung eingesperrt werden. Schlimmstenfalls ist das, als wäre man mit einem Löwen in seinem Käfig eingeschlossen. 

Ein Sicherheitstürschalter mit Zuhaltung verhindert, dass man in einen Gefahrenbereich eintreten kann, solange darin eine Gefährdung besteht. In den meisten Anwendungen muss eine bestimmte Bedingung erfüllt sein, damit die Zuhaltung zurückgesetzt und die Tür geöffnet werden kann. In der Maschinensteuerung läuft z. B. eine Verzögerungszeit ab oder die Steuerung wartet auf den Eingang des Signals von einem Positionsschalter oder Drehgeber, der anzeigt, dass eine gefahrbringende Bewegung angehalten wurde. In den meisten Anwendungen wird der Sicherheitstürschalter zusätzlich so angeschlossen, dass die Tür sich bei einem Energieausfall nicht öffnen lässt (Zuhaltung mit „Entsperren durch Energie EIN“). 

Dadurch entsteht jedoch eine Gefährdung, die manchmal unterschätzt oder übersehen wird, weil sie nur sekundär auftritt: jemand könnte im Gefahrenbereich eingesperrt werden. Natürlich könnte man über den Zaun in die Freiheit klettern. Doch mancher Zaun ist 2,5 m hoch oder sogar noch höher, so dass das Übersteigen eine ziemliche Herausforderung darstellt. Außerdem ist das gefährlich und zudem verboten. Manchmal sind Gefahrenbereiche zusätzlich überdacht oder mit einem Netz abgedeckt, das herabfallende Gegenstände auffangen soll, so dass ein unaufmerksamer „Besucher“ tatsächlich vollständig eingesperrt werden kann. 

Wie kann man mit der Einschließgefahr umgehen? 

Zuhaltungsschalter haben eine sog. „Notentsperrung“, die es erlaubt den Schalter von außen manuell zu entriegeln und die Tür zu öffnen. Doch dazu benötigt man jemanden auf der Außenseite, der der eingesperrten Person zu Hilfe kommt. Durch vergebliches Hilferufen kann gefährlich viel Zeit verstreichen; denn immerhin ist ja ein „Löwe“ mit im Käfig. 

Daher kann man Sicherheitstürschalter mit Zuhaltung auch mit einer sog. „Fluchtentriegelung“ ausstatten. Meistens handelt es sich dabei um einen Schlagtaster oder eine Türklinke auf der Innenseite. Bei Betätigung wird die Zuhaltung entriegelt. Gleichzeitig wird dadurch der Sicherheitskreis ausgelöst, so dass die Maschine so schnell wie möglich anhält. Die Funktion ähnelt dem Not-Halt und daher sind die Schlagtaster und Türklinken für die Fluchtentriegelung meist in rot ausgeführt (bei nicht-elektrischen Systemen in grün, der Farbe für Flucht- und Rettungswege). Allerdings ist die Installation von Fluchtentriegelungen nicht vorgeschrieben. 

Wann sollte eine „Fluchtentriegelung“ installiert werden? 

Automatisierte Lagersysteme 

Die Antwort ist bei automatischen Lagersystemen mit schienengebundenen Regalbediengeräten schnell gefunden. Die C-Norm für solche Systeme (EN 528:2021) verlangt, dass die Türen in den Schutzumzäunungen nach außen öffnen und von innen ohne Schlüssel geöffnet werden können. Von außen muss das Öffnen jedoch einen Schlüssel erfordern (vergleiche Abschnitt 4.10.4.2). Axelents X-IT-Schloss und das neue X-IT Electric können beide mit einer Fluchtentriegelung bestellt werden und sind daher für solche Anwendungen geeignet. Wenn die Stellung der Tür an die Sicherheitssteuerung gemeldet werden soll, benötigt man zusätzliche sicherheitsbezogenen Abfragen, z. B. durch einen Sicherheitstürschalter. 

Integrierte Fertigungssysteme 

Bei allen anderen Fertigungssystemen, die „hinter Gittern“ betrieben werden, sollte man Türzuhaltungsschalter mit Fluchtentriegelung verwenden, wenn alle oder mehrere der folgenden Bedingungen zutreffen: 

  • Der Bereich hinter der Tür ermöglicht den Aufenthalt von Personen. 
  • In dem begehbaren Bereich bestehen erhebliche Gefährdungen. 
  • Eine Person im Innern der Umzäunung könnte zufällig aus dem Sichtfeld anderer verschwinden, so dass sie versehentlich eingesperrt wird. (Zum Beispiel könnte sich die Person außerhalb des Sichtfelds eines Bedieners aufhalten, der an der Tür oder an einem Bedienpult steht, weil ein Teil der Maschine oder ein Schaltschrank die Person verdeckt). 
  • Der Sicherheitstürschalter mit Zuhaltung oder eine mechanische Zuhaltung an der Tür haben keine Einrichtung, die das versehentliche Schließen und Verriegeln verhindern. (Meist ist das heute nicht der Fall. Bei den meisten Schaltern lässt sich bei geöffneter Tür ein Vorhängeschloss einhängen, das es unmöglich macht, die Tür zu schließen. Doch leider wird diese Sicherungsmöglichkeit vom Personal oft nicht benutzt). 

Die Fluchtentriegelung kann Leben retten 

Maschinenhersteller und -betreiber müssen ein sog. „Lock-Out/Tag-Out“-System (LOTO = freischalten/verriegeln und kennzeichnen) einführen, durch das verhindert wird, dass die Maschine gestartet werden kann, solange jemand daran arbeitet. Zur LOTO-Strategie für die Reinigung und Wartung gehört oft die Forderung, Sicherheitstürschalter mit einem Vorhängeschloss zu versehen, so dass die Tür sich nicht schließen lässt. Leider befolgt das Personal solche Regeln oft nicht. Daher ist die Installation einer Fluchtentriegelung eine gute Idee, die das Leben einer Person schützen kann, die den gefährlichen Fehler gemacht hat, sich „zusammen mit einem Löwen“ in dessen Käfig einsperren zu lassen. 

Die Empfehlungen in diesem Artikel stützen sich auf die folgenden Normen: EN ISO 12100 Abs. 6.3.5.3, EN ISO 11161 Abs. 8.9, EN ISO 14119 Abs. 6.2.3 und EN ISO 14120 Abs. 5.2.3).

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