Kapitel 3.8
Sichere Freigabefunktionen
In Fällen, in denen Schutzeinrichtungen den Betrieb behindern oder eine Überwachung unpraktisch ist, können Bediener mit Druckknöpfen, Fußschaltern oder Zweihandsteuerungen ausgestattet werden, um ein sicheres Starten und Stoppen von gefährlichen Situationen zu gewährleisten. Mit den folgenden Informationen werden wir die verschiedenen Optionen und ihre Vorteile erläutern und diskutieren.
Alternative 1
Zweihandschaltung
Zweihandschaltungen werden manchmal als „Zweihand-Start“ bezeichnet. Man will damit sagen, dass zwei Taster gleichzeitig oder innerhalb einer sehr kurzen Zeit (0,5 Sekunden) nacheinander gedrückt werden müssen, um eine gefährliche Bewegung einzuleiten.
Der Bezeichnung „ Zweihand-Start “ kann dazu führen, dass Konstrukteure eine entscheidende Anforderung übersehen: Der Bediener muss die Tasten so lange drücken, bis die Gefahr beseitigt ist. Wenn der Bediener eine oder beide Tasten vorzeitig loslässt, kann er möglicherweise in den Gefahrenbereich gelangen und sich verletzen.
Um dies zu verhindern, müssen die Taster von Zweihandschaltungen in einem berechneten Sicherheitsabstand angebracht werden. Dadurch wird sichergestellt, dass der Gefahrenbereich nicht erreicht werden kann, bevor die beweglichen Teile vollständig zum Stillstand gekommen sind. Auch hier sind Berechnungen nach EN ISO 13855 erforderlich.
Beachten Sie die folgenden zusätzlichen
Anforderungen an Zweihandschaltungen:
- Bedenken Sie, dass eine Zweihandschaltung nur eine Person „schützen“ kann (oder eine Person pro Schaltpult).Wenn also zwei Personen zusammen arbeiten, können sie sich trotzdem verletzen.
- Da nur eine Person geschützt wird, muss der Zugang zum Gefahrenbereich so weit wie möglich eingeschränkt werden (z. B. durch trennende Schutzeinrichtungen).
- Der Bediener startet einen Vorgang, der auch für andere gefährlich sein kann. Daher muss der Bediener eine klare und ungehinderte Sicht auf den Gefahrenbereich haben.
Die internationale Norm für Zweihandschaltungen ist (EN) ISO 13851. Auf diese Norm wird auch in ANSI B11.19 für die USA und CSA Z432 für Kanada verwiesen.

Alternative 2
Tippbetrieb, Zustimmung und Handsteuerung
Häufig legt man die Kontrolle über die Gefährdung in die Hand des Bedieners, z. B. mit Hilfe einer „Tippschaltung“ (eigentlich etwas umständlich „Steuerungseinrichtung mit selbsttätiger Rückstellung“).
Typischerweise nimmt man einen Taster (Hardware oder als Schaltfläche auf einem Bildschirm), der eine Bewegung oder Funktion auslöst und aufrecht erhält, solange der Taster gedrückt gehalten wird. So kann der Bediener entscheiden, wann die Gefährdung auftritt und wann sie beendet wird.
Das gleiche Prinzip gilt für die Handsteuerung. Sie wird nur üblicherweise nicht als Sicherheitsfunktion betrachtet. Eine Handbohrmaschine z. B. arbeitet mit Handsteuerung, aber man betrachtet die Möglichkeit den Druckknopf loszulassen wohl kaum als Sicherheitsfunktion.
Tippbetrieb als Sicherheitsfunktion gibt es in zwei Ausführungen:
- Direkte Steuerung: Mit nur einem einzigen
Taster. - Indirekte Auslösung: Mit einer Schaltfläche auf einem Touchscreen und einem „Zustimmtaster“. Die Schaltfäche auf dem Touchscreen ist nur aktiv, solange der Zustimmtaster gedrückt wird. Diese Funktion unterscheidet sich von der Zweihandschaltung; denn die beiden Taster werden nicht auf gleichzeitige Betätigung überwacht. Die Taster müssen lediglich beide gedrückt werden. Das Loslassen des Zustimmtasters hält
die gefährliche Bewegung an.

Anforderungen an die korrekte Gestaltung des Tippbetriebs
Vier wichtige Anforderungen für den Tippbetrieb
werden manchmal übersehen:
- Steuermodus: Tippbetrieb darf nur als separat anwählbare Betriebsart vorgesehen werden. Er darf nicht Bestandteil eines automatischen Ablaufs sein.
- Sofortiger Stopp: Das Loslassen des Tipptasters oder des Zustimmtasters muss so rasch wie möglich zum Stillstand der gefährlichen Bewegung führen.
- Bewegungssteuerung: Die Bewegungsgeschwindigkeit, die Kraft oder der Fahrweg müssen so reduziert werden, dass der Bediener eine realistische Chance hat, den Taster rechtzeitig loszulassen und nicht verletzt zu werden. Dies ist bei Handsteuerungsfunktionen oft nicht möglich. Daher sind handgehaltene/- geführte Werkzeuge wie Bohrmaschinen und Kettensägen besonders gefährlich.
- Fluchtmöglichkeiten: Es muss eine Möglichkeit geben, der gefährlichen Situation zu entkommen. Dazu können Sie ein mobiles Steuerfeld, eine Zugangsbeschränkung (die Person bleibt außerhalb des eigentlichen Gefahrenbereichs) oder einen Not-Halt-Taster in unmittelbarer Nähe einsetzen. Die meisten Zustimmtaster
